Freitag, 29. März 2013

Mama, haben Ameisen Ohren?

Luzie ist heute allein bei mir zu Hause. Pelle ist in der Filmschule und Luzies Praktikum auf dem Archehof ist schon vorbei. Das Haus für sich zu haben setzt bei ihr grad sehr viel Kreativität in Gang. Den ganzen Tag macht sie Experimente. Erst etwas mit einem Plastiklöffel, ihrem Wollpulli und Pfeffer. Das hat nicht so funktioniert wie bei Shari und Ralf. Und jetzt gerade beim Schreiben fällt mir ein möglicher Grund dafür ein. Wir haben gar keine richtigen Plastiklöffel. Unsere sind alle aus dem Kunststoff Melamin. Vielleicht lag es daran?

Jetzt ist sie gerade mit einer Quietsche (die man in ein Quietschetier einnähen könnte) durch die Gegend gestromert. Als sie in der Küche bei mir vorbei kommt fragt sie mich das was im Titel dieses Artikels steht. Wir haben Winterameisen. Keine Ahnung wo die herkommen. Ist diesen Winter auch das erste mal. Auf jeden Fall laufen überall im Haus immer mal zwei drei von denen rum. Ich hab zu Luzie gesagt, dass ich mir nicht sicher bin, aber glaube sie hätten keine. Sie hält die Quietsche an die Ameisen die gerade auf dem Herd rumspazieren und quietscht los. Und stellt begeistert fest: "Doch, die haben Ohren!".

Dass es auf jeden Fall auch der Luftschubser aus der Quietscheöffnung, die sie genau auf die Ameisen gehalten hat, war, der die Ameisen weggepustet hat, hab ich vorerst für mich behalten (alle Menschen denen Komattasetzung enorm wichtig ist, müssen hier bei uns ganz tapfer sein). Vor Allem weil mir direkt ein Witz aus meinem Studium einfiel. Ich hab in einem früheren Leben Biologie studiert. 
Da gab es diesen Witz:

Ein Biologe sitzt in einem Flugzeug als eine Spinne über seinen Klapptisch krabbelt. Er denkt sich, dass er die Flugzeit ja für eine biologische Studie nutzen könnte. Er möchte heraus finden wie viele Beine die Spinne zum laufen benötigt. 

Er setzt die Spinne vor sich sagt "Spinne lauf!". Die Spinne krabbelt los. Er nimmt einen Stift und einen Zettel und notiert: "Spinne mit 8 Beinen kann laufen."

Er reisst der Spinne zwei Beine aus und setzt sie wieder auf seinen Tisch, sagt "Spinne lauf!" beobachtet und notiert: "Spinne mit 6 Beinen kann laufen."

Er reisst der Spinne zwei weitere Beine aus und setzt sie wieder auf seinen Tisch, sagt "Spinne lauf!" beobachtet und notiert: "Spinne mit 4 Beinen kann laufen. Aber etwas langsamer als mit 6 Beinen."

Er reisst der Spinne noch zwei Beine aus und setzt sie wieder auf seinen Tisch, sagt "Spinne lauf!" beobachtet und notiert: "Spinne mit 2 Beinen kann laufen, allerdings nur noch sehr huckelig."

Er reisst der Spinne die zwei letzten Beine aus und setzt sie wieder auf seinen Tisch, sagt "Spinne lauf!" beobachtet und notiert: "Spinne ohne Beine ist taub."

Ihr wisst ja, dass Pelle unser Experte für Krabbelzeugs ist. Hier sind jetzt zwei Bilder, die nichts für schwache Nerven sind. Pelle findet das lustig wenn die Krabbeltiere auf ihm rumkrabbeln.




Pelle ist aufgeregt [Pelle ophidset]


Pelle ist fünf Jahre lang in einen ganz tollen Kindergarten gegangen. Das war ein städtischer Kindergarten, aber das Programm und die Einstellung waren genau passend (bei Wind und Wetter draussen, Zuckerfrei, Familienstrukturgruppen etc.). Und seine Erzieherin war großartig. Sie ging mit den Kindern so um, als hätte sie alle Bücher von Jesper Juul, Wolfgang Bergmann, Remo Largo und Wiesiealleheißen gelesen oder gar selber geschrieben. Nur, dass sie diese Bücher gar nicht kannte. Sie war einfach von Natur aus so. Bzw. hat sie selber einmal als Begründung angeführt, dass sie jahrelang in einer Einrichtung mit besonderen Kindern gearbeitet hat. Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Dadurch hat sie absolut verinnerlicht, dass jedes Kind anders ist, sie hat gelernt hinzuschauen wer das Kind ist und was es braucht. Eigentlich war alles perfekt. Nur Pelle wollte dort nicht alleine hin. Der Abschied morgens war fünf Jahre lang gleichbleibend schwierig. Ich hab ihm jeden Morgen die Wahl gelassen, ob er mit mir in die Universität kommt oder im Kindergarten bleibt. Dass das eine ganz beschissene Auswahl für ihn war, hab ich ausgeblendet. Er wollte ganz dringen doll mit anderen Kindern spielen aber er wollte eben auch nicht ohne ein Elternteil sein. Ich hab gedacht, dass eben nur das eine oder das andere geht. Also hat es ihn fast jeden Morgen zerrissen und er blieb nur mit Ablenkung dort. 

Drei Monate bevor er eingeschult wurde haben wir ihn abgemeldet und zu Hause gelassen. 

Dann kam er in eine total tolle Reformschule in unserem Stadtteil. Das Programm klang super (u. a. altersübergreifende Klassen) , die geplanten Lehrer waren perfekt. Aber so richtig bereit war Pelle trotzdem nicht. Zur Schulreife gehört auch, dass das Kind sich unproblematisch von den Eltern lösen kann. Konnte er zu dem Zeitpunkt ganz klar nicht. Aber in Deutschland darf ein Kind nicht länger als sieben Jahre ohne Schule leben. Also musste er dort hingehen. 

Ein paar Wochen vor Schulbeginn kam die Nachricht, dass die komplette Struktur geändert wird. Statt altersübergreifenden Klassen gibt es jetzt Standartklassen. Pelle wäre mit zehn anderen Erstklässlern eigentlich zu zehn Zweitklässlern dazu gekommen. Auch die Lehrer sind nicht mehr verfügbar. Er hätte eigentlich eine Frau und einen Mann als Klassenlehrer bekommen. Den Lehrer hatte er schon kennengelernt und mochte ihn. Wir waren schon auf dem ersten Elternabend, hatten die beiden Lehrer und die anderen Eltern kennengelernt und alles inkl. Beiträge für die Klassenkasse besprochen. Statt dessen wurde jetzt eine neue Kraft gesucht und man hoffte, uns die neue Lehrerin noch vor Schulbeginn vorstellen zu können.

Wir haben uns Mühe gegeben, das alles trotzdem positiv zu sehen und Pelle das Gefühl zu geben, dass alles gut wird.
Wurde es nicht.
Er konnte morgens nicht dort hin gehen. Sein Bauch rebellierte. Er war völlig verzweifelt jeden morgen, weil er das Gefühl hatte auf Toilette zu müssen aber da kam nichts. Also saß er dort und hat geweint. Elvis ist dann immer mit ihm zur Schule gegangen und dort konnte Pelle noch mal so lange auf Toilette gehen, bis er das Gefühl hat er kann in den Klassenraum. Wenn er dann immer noch sehr unsicher war, blieb Elvis auch noch mit im Klassenraum. Pelle saß neben seinem besten Freund auf den er sich auch jeden Morgen riesig freute. Nur half ihm das auch nicht bei seiner Unsicherheit.
Nach nur einer Woche bekamen wir dann das erste mal von der Klassenlehrerin zu hören, dass Pelle ein Spiel mit uns spielt. Und wenn wir uns auf dieses Spielchen einlassen, wären wir eben selber schuld.
Wir haben so viel mit Pelle geredet. Wir haben uns gefragt was wir falsch gemacht haben. Was wir hätten anders machen können in den letzten Jahren, um ihm mehr Selbstsicherheit und Vertrauen zu geben. Was wir jetzt anders machen könnten. Ich hatte in den letzten fünf Jahren schon so viele Aussagen und Ratschläge von Fachleuten gehört. Die meisten waren absolut nutzlos.

Heute, fünf Jahre später: Pelle geht heute wieder in die Filmschule zu einem vier tägigen Workshop. Er hat dort schon gearbeitet. Er kennt den Filmmann. Er geht mit einem seiner besten Freunde dort hin. Luzie geht in der Zeit zu einem Praktikum auf den Archehof einer ganz tollen Selbstversorgerin mit Eseln, Schafen, Enten und Hühnern. Die Frau kennen wir vom Sehen. Ich mag ihre Einstellung zu Tieren sehr. 

Pelle ist seit gestern aufgeregt. Heute morgen sagte er, dass sein Körper die ganze Zeit behauptet, dass er auf Klo muss aber das stimmt nicht. Da kommt nichts. 
Luzie freut sich einfach nur auf ihr Praktikum. Sie ist heiter, fröhlich und gelassen. Sie redet davon, was sie dort alles machen will. Zuerst ging sie davon aus, dass sie dort auch schlafen würde. Das hab ich dann aufgeklärt.
Heute morgen beim Frühstück haben die beiden sich unterhalten. Pelle hat Luzie immer wieder gefragt, ob sie gar kein Lampenfieber hätte. Ob sie nicht aufgeregt sei. Nicht mal ein bisschen. Sie plapperte fröhlich vor sich hin, dass doch alles toll sei. Und dass sie sich freut dort ein Praktikum machen zu können. 
Die beiden sind so unfassbar unterschiedlich. Wir sind gespannt wie Minimum in fünf Jahren so ist.



Donnerstag, 28. März 2013

Schokolade und Kindersklaverei [chokolade og børneslaveri]

In Westafrika kann man Kinder kaufen. Plantagenbesitzer tun das. Sie kaufen Kinder für den Kakaoanbau und die Ernte. Ein Kind kostet 230 Euro. Dieser Kakao wird dann zu Schokolade und anderem Süßkram verarbeitet, der dann hier in den Supermärkten verkauft wird.
Ich möchte das nicht unterstützen und deshalb kaufen wir bei uns im Hofladen die Schokolade von Rapunzel.

Welche Schokoladen sind bio, welche sind fair. In diesem Greenpeacemagazin Artikel steht es.
Auch konventionelle Schokolade kann fair sein.

Luzies Geburtskarte [fødselsdag]


Diese Karte hat Luzie von meinen Kollegen in der Universität zur Geburt bekommen. Der Mann einer meiner Kolleginnen zeichnet. Und ich mag seine Zeichnungen sehr. Er heißt Vitali Konstantinov. Ihr findet ihn unter www.pittore.de.

Mittwoch, 27. März 2013

Aluminium [aluminium]

In Deorollern... Eklig. Gruselig. Wir haben unsere Deoroller ausgetauscht. Ohne Aluminium ist aber natürlich auch der Haupteffekt weg. Elvis hat einen sehr würzigherb riechenden von Speick. Das funktioniert ganz gut. Ich hab so Blümchenduftdinger von Laverde und Alverde. Jetzt rieche ich immer nach Schweiss mit Blümchen. Wir üben noch.

Der Blog von Bert Ehgartner.



Bert Ehgartner ist Wissenschaftsjournalist, Autor, Dokumentarfilmer. Er schreibt: "[Ich] blogge hier über Ereignisse, die mir in meinem beruflichen und privaten Umfeld auffallen. Mein kritisches Interesse gilt besonders der Gesundheits-Vorsorge und ihren Entgleisungen."


Lohnt sich.

Dienstag, 26. März 2013

Make Love [kærlighed]


Letztes Jahr war Pelles Freund Bo Andrasson mit seiner Mama bei uns. Bo ist genauso alt wie Pelle, hat aber wesentlich mehr Kontakt mit Informationen rund um das Thema Sex, weil er auf einer Schule ist und diese Informationen auf dem Schulhof natürlich Tagesgeschäft sind. Und da sind die Informationen auch um einiges härter als in Pelles Welt. Bo kommt damit gut zurecht und seine Mama hatte ein Buch dabei, welches sie Bo als Rückendeckung geben wollte. Ein Buch in dem alles erklärt wird. Damit er weiß, was die Wörter die da auf dem Schulhof rumgeworfen werden bedeuten. Ich hab mir das Buch angesehen und entschieden, dass Pelle dafür noch nicht bereit ist. Aber das Buch habe ich fest eingeplant für den Moment wo Pelle die passenden Fragen stellt. 

Das Buch heißt Make Love und ist als Aufklärungsbuch für Jugendliche gedacht. Das Buch zeichnet sich zum einen durch eine komplette Tabufreiheit aus und zum anderen durch Fotos von allem was es gibt. 


Die Texte sind von zwei Sozialwissenschaftlerinnen, erklären alles, klingen absolut ehrlich, sind aber nicht anbiedernd (zum Beispiel an die Jugendsprache). Die Fotos zeigen alles was man wissen will, sind aber nicht eklig.


Hier ist der Amazonlink zu Make Love.

Hier ein Artikel in der taz.







Samstag, 23. März 2013

Katharinas Hausgeburt [Hjemmefødsel]



Eine Freundin hat vor zwei Jahren an Heilig Abend ihre Zwillinge zu Hause geboren und wir haben die Ehre ihren Geburtsbericht hier zeigen zu dürfen.

Katharina: "Meine Zwillingsschwangerschaft verlief zum Glück sehr komplikationslos. Ich war einfach schwanger – nur eben mit zwei Babies in meinem Bauch. Schon vor der Schwangerschaft hatte ich den Wunsch meine nächste Schwangerschaft sehr selbstbestimmt zu verleben, in möglichst ausschließlicher Hebammenbegleitung und vor allem mit Fachleuten, die meine Eigenkompetenz und Eigenverantwortung respektieren und schätzen. Ich habe ein Hebammenteam gefunden, das sich (nicht ohne vorsichtige Bedenken) darauf einließ, mir die Möglichkeit einer Zwillings-Hausgeburt unter bestimmten Umständen offen zu halten. Die Beiden begleiteten mich mit regelmäßigen Vorsorgen und allen notwendigen Untersuchungen durch die komplette Schwangerschaft (ich glaube das erste Treffen fand schon in der 8. SSW statt). Ich denke, das war eine wichtige Vorraussetzung für uns alle, die notwendige Vertrauensbasis auf allen Seiten für die mögliche Hausgeburt zu schaffen. Um die Versorgungslage der Kinder im Bauch zu beobachten und um Krankheiten, die eine sofortige Behandlung der Kinder nach der Geburt erfordert, möglichst auszuschließen, war ich zu drei geplanten Ultraschalluntersuchungen bei meiner Gynäkologin. Sie war anfangs gar nicht begeistert von der geplanten Hausgeburt. Schlußendlich hat sie sich aber darauf eingelassen, mich in dem Umfang weiter zu betreuen, wie ich es mir wünschte. Der Hausgeburt stand nichts im Wege. Die Babies lagen beide in Schädellage (von Anfang an), ich war gesund, mein erstes Kind kam spontan, termingerecht ohne Komplikationen zur Welt. Wir standen mental fest hinter dem Plan, ich halte mich für recht aufgeklärt und wissend in dem Bereich „Geburt und Schwangerschaft“. Genug, um gewisse Risiken durchaus selbst gut einschätzen zu können. Und das allerwichtigste: ich hatte die ganze Zeit über grosses Vertrauen zu den beiden Hebammen, die mich begleiteten. Ich wußte, sie würden der Hausgeburt nicht zustimmen, wenn sie große Bedenken hätten. Dazu kam die Sicherheit und das Vertrauen in mich selbst. Ein Gefühl, das innerhalb der Schwangerschaft immer sicherer und gefestigter wurde. Ich wußte, wenn der Weg zu Hause zu gebären nicht der Richtige sein sollte, so würde ich es rechtzeitig fühlen. Die Geburt von J. und G. begann nachts um halb eins mit einem Blasensprung auf der Toilette. Ich wollte vor dem Einschlafen nochmal auf Klo und wunderte mich, das da immer mehr rauskam. Im ersten Moment glaubte ich nicht wirklich an einen Blasensprung, da ich den ganzen Weihnachtsabend über keine Senkwehen oder dergleichen hatte. Ich hatte zum Glück durch puren Zufall Lakmuspapier im Haus und hab einfach, das was da lief mal getestet. Eindeutig Fruchtwasser. Irgendwie konnte ich nicht so wirklich an „Geburt“ glauben und hab mich erstmal dick in eine Decke gewickelt zu meinem Freund aufs Bett gesetzt, gezittert und ihm zugehört, der meinte, es würde ihn jetzt nicht überraschen, dass es nun losginge. Mich irgendwie schon. Ich hatte nicht wirklich vor Silvester mit der Geburt gerechnet. Manche Sache waren daher auch noch gar nicht fertig. Ich hab dann die Hebamme angerufen. Sie sagte, wir sollten nochmal versuchen zu schlafen und wir verabredeten uns für morgens um 8.00 Uhr, wenn sich bis dahin nichts wehenartiges tun sollte. Ich hab dann mal angefangen irgendwelche Sachen in eine Tasche zu packen, falls wir doch in die Klinik fahren müßten, mein Freund fing an den Pool aufzustellen, und wie wir so rumräumten, kamen dann auch prompt Wehen. Um viertel nach zwei waren die so schmerzhaft, das ich die Grosse zu meiner Mutter haben wollte und die Hebamme zu mir in die Wohnung. Im Nachhinein war ich extrem überrascht, dass zwischen dem ersten und dem zweiten Telefonat mit der Hebamme zwei Stunden lagen. Es kam mir vielleicht vor wie eine Dreiviertelstunde. Als sie um halb drei ankam, hatte ich schon fiese Wehen, ohne Pause und für mich recht schnell sehr schmerzhaft und eher schlecht zu verarbeiten, da ich wirklich ganz anders als bei meiner Tochter damals einen Dauerschmerz mit nur wenigen kurzen Pausen hatte. Unsere Wasserleitungen gaben leider nicht schnell genug, genug warmes Wasser für den Pool her und so hatte ich die Option dann leider doch nicht. Ich brauchte meinen Freund dann auch einfach bei mir. Ich ließ ihm keine große Möglichkeit mehr, viele Sachen auszuprobieren, den Pool zu füllen. Bis zur Übergangsphase wehte ich also ziemlich stark vor mich hin und hab mich in der Zeit durchaus ein ums andere Mal gefragt, was mich eigentlich geritten hat, an der Idee festzuhalten, zwei Babies auf einmal fernab von PDA, Opiaten und einer schnellen Kaiserschnittmöglichkeit zu bekommen. Diese Wehen ohne Pausen kosteten verdammt viel Kraft und machten mich zwischendurch recht mutlos. Irgendwann kam die zweite Hebamme dazu. Ich glaube kurz bevor der Muttermund vollständig eröffnet war, war sie dann auch da. Irgendwann kamen dann auch die schmerzfreien Wehenpausen dazu, wie ich es von der Geburt von meiner Tochter kannte. So konnte ich mich zwischen den Wehen gut in die Arme meines Freundes fallen lassen und kurz ausruhen. Weitaus angenehmer! Da ich im Vierfüßler keine Kraft mehr hatte, und sich im Halbliegen auf dem Bett nicht das Richtige tat, bin ich irgendwann auf den Hocker umgezogen, meinen Freund im Rücken, Hebamme 1 vor mir, Hebamme 2 irgendwo auch da. Auf dem Hocker ging, dank Schwerkraft, dann alles recht schnell. J. rutschte runter, kurze Zeit später war erst der Kopf und dann das ganze Kind geboren. Wow. Ein Baby…  5.41 Uhr. Weil ich recht viel Blut verlor auf dem Hocker, betteten mich die drei mit noch angenabeltem J. zusammen erstmal wieder aufs Bett. Gs Herztönen zu Folge, war er, nachdem J. geboren war, kurz gestresst. Die Hebammen baten mich dann ganz tief zu ihm in den Bauch zu atmen, ich habe ihn von Aussen gestreichelt und ihm gute Gedanken geschickt. Das klingt absolut abgedroschen und esoterisch, aber wirklich, noch während ich so an ihn dachte und lächelte, gingen die Herztöne wieder hoch und stabilisierten sich. Die Hebammen betteten mich so, dass G. es leicht hatte, in die richtige Position zu kommen. Er rutsche recht schnell in Geburtsposition und wir merkten, das ohne Hocker wieder nichts gehen würde. J. wurde also abgenabelt, damit ich auf dem Hocker mehr Bewegungsfreiheit hätte und die drei halfen mir ins Sitzen zu kommen. Wieder auf dem Hocker, kam dann auch G. ganz schnell. Zwei Wehen glaube ich ungefähr und er war da: 6.07 Uhr. Wahnsinn! Beide Babies raus! Ich konnte es nicht ganz glauben. Ich wurde wieder ins Bett verfrachtet, wo wir dann erstmal gekuschelt und gestaunt haben und geguckt. Es ist dann doch etwas surreal, das zwei Babies auf einmal in mir drin waren und da grad geboren worden sind. Mein Freund war die ganze Zeit dicht bei mir, hinter mir, neben uns… hat die Babies gehalten, als die Plazenta – letztendlich auch auf dem Hocker – geboren wurde. Ich habe bei der Geburt etwas mehr Blut verloren als ich sollte, so hatte ich direkt nach der Geburt einen extrem schwachen Kreislauf, bin auf dem Klo direkt mal zusammengeklappt und hab danach erstmal Bettruhe verordnet bekommen für die nächsten Tage.
Die beiden Jungs sind mit 2800g, 47 cm und 3100g und 49 cm in der 38. SSW geboren worden. Sie trinken fleißig und gerne ständig.

Ich bin froh, dass wir diese Geburt so miteinander erleben konnten. Ich bin sicher, das ein Großteil der „Entspanntheit“ und gesunden Natürlichkeit der Geburt der von allen Beteiligten mitgedachten Idee zugrunde lag, das eben eine normale, gesunde Zwillingsgeburt möglich ist und in aller Ruhe ohne Generalpathologisierung im Vornherein von statten gehen kann."


Mittwoch, 20. März 2013

Affektkrämpfe [følelse]

Pelle  2008

Pelle hat heute ein Experiment gemacht. Er hat ausprobiert wie lange er die Luft anhalten kann, bzw. wie rot sein Kopf werden kann. Das hat er im Bad vor dem Spiegel gemacht. Dann gab es einen lauten Rumms, er lag auf dem Boden und hatte eine sehr dicke Beule an der Stirn. Ansonsten ist der Kopf heil geblieben. Pupillenreflex ist unauffällig, keine Verwirrtheit. Nur eine Menge Tränen. Glück gehabt.


Dieses Experiment werden wir heute Abend noch sorgfältig nachbereiten. Lebensnotwendige Körperfunktionen besprechen. Ich hab schon einige Erfahrungsberichte im Internet gesammelt, die wir dann lesen können. Ich kenne das absichtliche Ohnmächtig werden noch aus der Schule. Dort haben hauptsächlich die Jungs in den Pausen, den so genannten Pilotentest, gemacht. Der besteht aus Hyperventilieren und dann ohnmächtig werden. 


Im Kleinkindalter gibt es etwas ähnliches. Ein Kind bekommt einen Wutanfall, schreit, hält die Luft an und wird bewusstlos. Das ist ein Affektkrampf. Der ist allerdings absolut nicht willentlich herbeigeführt, auch wenn einige Eltern das oft denken. 


Viele Wutanfälle sind das Ergebnis von emotionalem Schmerz, der ernst genommen werden sollte: Der Schmerz von Ohnmacht, Frustration, Verlust, Enttäuschung und dem Gefühl, missverstanden zu werden. 


Manche Eltern meinen sie stecken mit ihrem Kind gerade in einem Machtkampf. Aber es kann für Kinder sehr schmerzhaft sein, wenn sie das Gefühl haben, es nicht zu schaffen, den geliebten Elternteil dazu zu bringen, etwas überaus Wichtiges zu verstehen [Sunderland 2006, S.120].

Kinder entwickeln in der Auseinandersetzung mit Frust und Wut Strategien, mit diesen Emotionen umzugehen. Sie lernen, wie sie sich selber beruhigen können. Sie lernen, was ihnen helfen kann mit diesem Gefühl klar zu kommen. Wut und Frustration sind deshalb unglaublich wichtig für die Formung des Gehirns. Das Kind entwickeln in diesen Momenten Strategien zur Stressbewältigung, die in seinem ganzen restlichen Leben benötigen wird.

Bei einem Affektkrampf ist das Kind seinen Emotionen hilflos ausgeliefert. Ein Affektkrampf sieht hoch dramatisch aus, ist aber für das Kind nicht so gefährlich.

Physiologisch passiert folgendes: das Kind gerät in einen solchen hochemotionalen Zustand, schreit und brüllt, die Stimmritze verkrampft sich und die Atmung setzt aus, d
er Blutdruck fällt und das Herz schlägt langsamer. Es tritt ein Sauerstoffmangel ein. In diesem Moment wird das Kind bewusstlos. Der Teil vom Gehirn, in dem der Affektkrampf stattfindet wird kurz ausgeschaltet (have you tried turning it off and on again?). Jetzt bekommt ein sehr basaler Gehirnbereich die Oberhand. Und dieser Teil sorgt zum Beispiel für so lebensnotwendige Funktionen wie das Atmen. Also beginnt das Kind wieder tief und regelmäßig (also effizient) zu atmen, in dem Moment wo es bewusstlos wird.

Als Eltern kann man dabei nur dafür sorgen, dass das Kind weich fällt. Einige Eltern berichten davon, dass sie es schaffen ihr Kind aus einem Affektkrampf zu lösen indem sie ihm ins Gesicht pusten (also noch bevor es bewusstlos wird). Aber die meisten stehen dem hilflos gegenüber. Die Kinder kommen nach kurzer Zeit wieder zu sich, sind manchmal etwas benommen oder müde. Diese Affektkrämpfe haben anscheinend aber keinerlei Folgen für die Gesundheit der Kinder. Die treten auf, sind sehr gruselig, machen aber nichts kaputt.


Das sind die blauen Affektkrämpfe. Blau deshalb weil die Lippen des Kindes beim Schreien und Atem anhalten blau (zyanotisch) werden. 

Es gibt aber auch noch blasse Affektkrämpfe. Da schreit sich das Kind nicht weg. Es kippt einfach um. Hier scheint nicht Wut oder Frust die Ursache zu sein, sondern physiologischer Schmerz. Es gibt Kinder die stoßen sich den Kopf, bekommen einen Schreck oder erleben Angst, werden blass und kippen um.

Wir (und vor allem Pelle) sind froh, dass er dieses Experiment nicht in der Badewanne durchgeführt hat.


Quellen:

Sunderland 2006: Die neue Elternschule. Dorling Kindersley, London.


Respiratorischer Affektanfall.

Dienstag, 19. März 2013

Märzschnee [martssne]


Wir sind wieder komplett eingeschneit. Da waren schon drei Tage Frühling und ich hab fröhlich Jungpflanzen bestellt. Und jetzt ist wieder Winter. Ich mag das. Alles sauber hübsch eingepackt - weiß. Allerdings ist es so windig, dass es keinen Spaß macht draussen zu sein. Der Wind beisst einem ins Gesicht. Bleiben wir halt drin. Macht auch nichts. Pelle hat Besuch. Sein Freund Eli Michelsson ist für drei Tage hier. Und letzte Woche waren noch Bo Andrasson und seine Mama für eine Woche hier. Da braucht man auch nicht raus gehen, ausser um Lebensmittel zu organisieren. Die Kinder sitzen alle den ganzen Tag im Playmobil-/Lego-Zimmer. Zwischendurch kommen sie raus um etwas zu essen oder zu trinken. Dann sind sie wieder weg. Pelle hat heute morgen schon Holz geholt und die Spülmaschine aus- und eingeräumt. Im Sommer geht das nicht. Da fällt Pelle morgens immer direkt aus dem Bett in den Garten und hat Wichtigeres zu tun.




Montag, 18. März 2013

Wie Kinder gemacht werden [hvordan børn er lavet]





Als Pelle fünf Jahre alt war und ich gerade mit Luzie schwanger, wurden die Fragen wie Kinder entstehen hier viel besprochen. Danach hatte ich wochenlang einen weinenden Pelle auf dem Schoß. Er fand es total gemein, dass er sich eine andere Frau zum Kinder machen suchen sollte. Er wollte auch mich. Elvis durfte ja auch mit mir verheiratet sein. Wieso also nicht er? Er fühlte sich ausgeschlossen. Wo wir doch bis zu diesem Zeitpunkt in seiner Wahrnehmung ein Dreiergespannt waren.

Genauso, nur nicht ganz so schmerzvoll und heftig, ging es letztes Jahr Luzie, als sie realisierte, dass auch sie sich später einen eigenen Mann suchen muss und nicht Elvis heiraten kann. Sie hatte dann noch den Plan Pelle zu heiraten und mit ihm Kinder zu bekommen. Das wollte Pelle aber nicht. 

Seit letzter Woche ist Luzie nun mit Neil Feeson (der ist sechs Jahre alt) verlobt und ist glücklich. Pelle hatte sich damals, nachdem er verstanden hatte, dass er sich eine eigene Frau suchen muss, direkt mit Philine Ulriksdóttir verlobt. Sie war auch fünf Jahre alt und einen Kopf größer als Pelle. Bis vor kurzem war diese Abmachung für ihn auch immer verbindlich. Die beiden haben sich aber seit vier Jahren nicht mehr gesehen und Pelle hat vor einigen Wochen realisiert, dass Verlobungen die man mit fünf Jahren beschließt eventuell nicht zu einer Heirat führen. Aber wer weiß...

Pelle ist seit einiger Zeit sehr interessiert an den Themen Liebe und Sex. Für ihn ist das aufregend. Luzie hat da bisher ein unbefangenes neutrales Forscherinteresse daran. Wir reden natürlich ganz viel darüber. Und wir haben eine Reihe Bücher zu den Themen hier, die alle auch Pelles und Luzies Horizont entsprechen. Luzie schaut sich die Zeichnungen an. Pelle liest die Texte interessiert durch, bespricht gelesenes mit uns und macht sich Gedanken.


Unsere Bücher sind:

Ein Baby für uns alle!


*Zu dem Astrid Lindgrenbuch Ich will auch Geschwister haben. muss ich noch etwas sagen: wir haben das Buch hier und ich mag auch die Bilder. Nur gibt es Textpassagen, die ganz furchtbar sind. Das Stillkind wird als dauerschreiendes Wesen beschrieben und das Geschwisterkind wird mit moraltriefenden Aussagen  zur Mithilfe genötigt.

Donnerstag, 14. März 2013

Gesundheit [sundhed]

Ein tolles Spiel fürs iPad. Es heisst Gesundheit. Es ist hübsch gezeichnet. In dem Spiel gibt es ein Schwein mit Rotznase und Monster. Die Monster essen gerne Schweine. Und sie essen gerne Rotze. Also kann das Schwein die Monster ablenken wenn es seine Rotze irgendwohin nießt. So lockt es die Monster in eine Falle und kann sich selber retten.




Gesundheit für das iPad im App Store.

Gesundheit für das iPhone im App Store.

Mittwoch, 13. März 2013

Nasen & Schnupfen [snude og snue]



Nasen von ganz kleinen Menschen sind hier oft bewohnt von Popelmonstern. Bei Pelle konnte ich immer während des Stillens einfach ein bisschen Muttermilch in seine Nase laufen lassen. Ich hab ihn kurz abgedockt und ihn so gehalten, dass die Milch genau in sein Nasenloch lief. Die löste dann dort alles und das kam dann auch prompt rausgeschnaubt. Nase frei.

Bei Luzie funktionierte das nicht. Ihre Nasenlöcher waren so winzig, dass die Muttermilch einfach als dicker Tropfen davor liegen blieb. Ich hab uns kleine Pipettenfläschchen aus der Apotheke besorgt und dann mit der Pipette die Milch in die Nase geträufelt. Oder ich habe eine isotonische Kochsalzlösung hergestellt und diese in die Nase geträufelt.

Bei Minimum klappt das mit der Muttermilch auch nicht. Sie dreht immer sofort den Kopf weg wenn ich sie abdocke. Aber sie hat oft festen Schnodder ganz hinten in der Nase, der sie beim Atmen nervt. Von der letzten Erkältungswoche hatten wir noch das Rhinodoron von Weleda in unserer Hausapotheke. Das ist eine isotonische Kochsalzlösung mit ein bisschen Aloe Vera als Nasenspray. Das funktioniert super. Minimum findet es spannend, wenn wir ihr das in die Nase sprühen. Und kurz danach kommt da einiges aus ihrer Nase rausgeschnauft. Nase sauber.

In unserer Hausapotheke haben wir für die Schnupfenzeit Engelwurzbalsam zum unter die Nase reiben und Thymian-Myrte-Balsam (für Kinder) für Brust und Rücken aus der Bahnhofsapotheke. Bei Luzie können wir das Thymian-Myrte-Balsam aber nicht verwenden, da ihre Haut es gar nicht mag mit irgendetwas eingecremt zu werden. Für die Duftlampe haben wir Erkältungsöl wärmend und Erkältungsöl befreiend.

Grundsätzlich muss man mit ätherischen Ölen, vor allem in Mixturen zum Einreiben oder in Badezusätzen, bei Kindern sehr vorsichtig sein. Zum Beispiel haben Kampfer, Menthol und Thymol eine hyperämisierende Wirkung. Das heisst, dass die Durchblutung sehr stark angeregt wird. Kinder haben im Verhältnis zum Körpergewicht eine große Körperoberfläche und ihre Haut ist noch recht dünn. Deshalb können diese Wirkstoffe leicht in den Blutkreislauf gelangen und im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufkollaps führen. 

Wo wickeln wir? [bleskift]



Wir wickeln auf dem Fussboden. 
Als ich vor zehn Jahren mit Pelle schwanger war bekam ich ständig die Information, dass fast jedes Kind mal vom Wickeltisch fällt [manche Leute erzählten das schmunzelnd, andere berichteten von Stürzen mit schlimmen Folgen]. Irgendwann hab ich gedacht, dass ein effektives Vermeidungsverhalten hier ganz gut wäre. 
Also beschloss ich: wir werden einfach keinen Wickeltisch haben. Und das funktioniert jetzt schon bei drei Kindern wirklich gut.
Wir haben eine Wickelunterlage und einen Beutel mit Wickelsachen. Die Wickelunterlage liegt auf dem Fussboden. Wenn ich das Kind auf der Wickelunterlage ausgezogen habe und bemerke, dass das Wasser fehlt - macht nix. Ich geh einfach los und hole welches, während das Kind glücklich nackig weiter strampeln kann. 
Wir haben eine Wickelunterlage im Wohnzimmer und eine im Badezimmer. Im Badezimmer haben wir den zusätzlichen Luxus einer Fussbodenerwärmung. Da liegt Minimum immer tiefenentspannt und genießt die Wärme von unten. Ich hab dort mittlerweile ein paar Bücher und Kataloge liegen. Dann kann ich lesen und Minimum kann nackig da liegen und üben sich umzudrehen. Meist kommen auch noch Luzie und Pelle dazu und wir hängen alle ein wenig im Badezimmer rum. Luzie und Pelle bauen aus den Klopapierrollen Türme und spielen mit dem Badewannenplaymobil.
Die Wickelunterlage auf dem Fussboden macht es auch möglich, dass Pelle Minimum alleine wickeln kann. Er macht das gerne und ist ganz schön stolz. Und ich muss nicht daneben stehen, denn es kann ja nichts passieren.
Für uns die perfekte Lösung.