Sonntag, 19. Mai 2013

Der Hahn ist tot [hanekylling er død]


Wir haben Hühner. Eine spezielle Rasse: Brahmas. Oder auch Elvishühner oder Punkhühner. Die haben nämlich Schlaghosen an. Eigentlich sollen die nicht nur Eier abgeben, sondern auch Fleisch. Die Hühner leben jetzt seit drei Jahren hier und irgendwie musste noch keines geschlachtet werden. Aber wenn keines geschlachtet wird, gibt es auch kein Fleisch. Also kaufen wir für die Hühnersuppe und die Hühnchenschenkel in Weißweinsoße tote Hühner vom Bauckhof. Auf dem Lüthjenhof von Daria leben einige unserer ehemaligen Küken und deren Nachkommen. Die sollen dort auch Eier und Fleisch beisteuern. Und jetzt hat Daria zum ersten Mal einen der Hähne geschlachtet. Ich wollte wissen wie es war und sie hat es mir geschrieben. Und weil mir ihr Bericht so unter die Haut gegangen ist, habe ich sie gefragt ob ich den hier veröffentlichen darf. Darf ich. Danke Daria.

Daria hat das Wort:

Gestern hab ich zum ersten mal einen Hahn geschlachtet.

Es war durchwachsen. Ganz komisch.
Ich hatte zittrige Knie. Es hat in strömen geregnet und gewittert. Ich hatte vorher alle Kinder ins Bett gebracht und erst dann Zeit. Der Lüthjenhofpapa war nicht da.
Ausgestattet mit lauter Theorie im Kopf... und dann war doch alles anders.

Ich hab ihn betäubt mit einem Schlag auf den Kopf, damit er bewusstlos ist und nicht mitbekommt, dass er sterben wird. Nicht so viel Adrenalin und so. Da war ich aber zu zaghaft zuerst und er war nicht sofort bewusstlos. Dann aber schon, und dann musste ich diesen Kopf abkriegen - und da hab ich richtig gezittert! Aber es gab ja nun auch kein zurück mehr... 
Ich hab ein kleines Küchenbeil und ein scharfes Messer (dachte ich...) gehabt. 
So, überall steht "mit einem gezielten Schlag den Kopf abtrennen". Jaja... vergiss es, der ist sooo fest dran, dass ich echt oft ansetzen musste. Zwischendurch dachte ich, ich sollte halt lieber das Messer nehmen. Das ging aber auch nicht viel besser.
Irgendwann hab ich aber doch die Arterie getroffen und konnte ihn ausbluten lassen. Zum Glück, ich war wirklich erleichtert.

Und dann das Rupfen. Das ist eigentlich leicht, aber viel Arbeit. Und die großen, dicken Kiele gehen schwer raus. Irgendwann hab ich mich dazu entschieden, die Haut mit abzuziehen weil ich ihn eh nicht als Brathähnchen machen wollte sondern schön in Stückchen zur Suppe. Ich glaube, so in Hähnchen-Form hätte ich das noch nicht essen können.
Die Haut abziehen ist aber auch nicht so leicht. Man muss zwischen Muskel/Fettgewebe und Haut immer diese Zwischenhaut, die Faszie durchschneiden. Sitzt fest, ist gut verbunden und um Gelenke drumrum geht's gar nicht gut.
Und dann noch die Innereien. Man muss oben am Hals die Speiseröhre finden und rauszupfen. Und dann von hinten und über einen kleinen Schnitt in der Bauchdecke quasi ausräumen. Geht aber, wenn man eine ungefähre Vorstellung davon hat, wie die Organe aussehen.

Tja, und dann hat er gekocht... und gerade hab ich ihn zerlegt, die Suppe in Gläser gefüllt und mal ein bisschen Fleisch probiert. Schmeckt irgendwie ganz schön mager und trocken - ich hab sie definitiv nicht gemästet ;)

Ich glaub, ich mag die doch lieber verkaufen statt schlachten. Aber wenn es sein müsste, würde ich es wohl nochmal machen. Und dann läuft es hoffentlich etwas besser. Mit einem größeren (schwereren) Beil und einem wirklich scharfen Messer.

Auf jeden Fall würde ich es als echt existentielle Erfahrung beschreiben. Es ist schwer, richtig schwer, bewusst und absichtlich zu töten. So von Hand und ganz direkt. Nix mit Gas betäuben oder Sromschlag und tot und so. Nichts indirektes, distanzierendes - nein, alles selbst, direkt, du selbst und deine Hand. Das ist echt nicht leicht. Und vor allem, es dann auch durchzuziehen. Man muss währenddessen verstehen, dass weniger nicht mehr ist und dass man dem Tier keinen Gefallen damit tut, vorsichtig zu sein sondern bitteschön schnell, gezielt und nachhaltig. Aber das ist eben nicht so leicht...

Ich fand es wichtig, als Fleischesser und als Hühnerhalter. Es gehört zur Hühnerhaltung dazu, weil es immer sein kann, dass man sie nicht verkauft kriegt. Bei den Brahmas zwar noch seltener als bei normalen Hühnern. Es schärft, ändert wirklich die Sicht auf das Tier, auf den Fleischkonsum und die Wertschätzung dafür. Das ist echt Arbeit, körperlich. 
Ist ja auch kein kleines Zwergseidenhühnchen sondern ein 5-Kilo-Ding. Da ist es schon ein Problem, wie man die Krallen/Füße abkriegt. Da könnte man gut eine Knochensäge gebrauchen. Ich hab das z. B. mit einer Geflügelschere gemacht. Aber das ist auch total schwer, weil das Vieh ja auch noch nicht gekocht war, ich war durchgeschwitzt nach der Prozedur und hab mich ganz gründlich geduscht, auch seelisch.

Morgen muss ich diese Suppe essen... Die Kinder sind da ja total pragmatisch, wie immer. Der Hahn hat Streit mit den anderen gemacht also wird er geschlachtet und schenkt uns sein Fleisch - nett von ihm, "tust du auch Nudeln in die Suppe, mama?"

ja, gern ;-)




In Ermangelung aktueller Fotos seht ihr hier Luzie vor zwei Jahren mit unserer Hühnersippe.

Samstag, 18. Mai 2013

Projekte für Halbstarke [projekte for unge]

Wir möchten hier Angebote für Halbstarke sammeln. Irgendwann werden die Kinder flügge und wollen Abenteuer ohne Eltern erleben. Und wenn es so weit ist, finden wir vielleicht nicht direkt das Passende, da wäre es doch großartig eine Liste mit Möglichkeiten zu haben.
Wir würden uns freuen, wenn ihr mithelft. Schreibt uns wenn ihr ein Projektangebot findet.

Fangen wir an mit einem Angebot der Sinn-Stiftung, dem Project peace.

Das Project Peace soll eine Alternative zum FÖJ/FSJ sein. Es geht um Frieden und Ökologie. 

Projekt
10 Wochen auf einem Ökohof in Bayern, dann 6 Monate im Ausland und noch mal 10 Wochen auf dem Ökohof.

Teilnehmer
Menschen von 18 bis 25 Jahren.

Kosten
3000 Euro Anzahlung plus ein Jahr lang monatlich 375 Euro.
Darin enthalten sind Unterkunft, Verpfle- gung, Reisekosten zu den Volunteering- Einsatzstellen, Versicherungen, Referent_innen, Organisation, Begleitung.

Kontakt
project peace 
Aktiv-Hof Schlehdorf 
Kirchstraße 21 
82444 Schlehdorf 
Tel: 08851-9291982


Donnerstag, 16. Mai 2013

Wir treiben uns rum [værkstedet]



Zur Zeit sind wir zu Gast im Wendland. Dort tobt die KLP und die Mützingenta. So müsste es immer sein. Künstler und Schaffende des Landkreises Lüchow Dannenberg öffnen ihre Werkräume und zeigen was sie tun. Und wir können mitmachen. Gestern haben wir einem Steinmetz zugeschaut und herausgefunden wie er die Buchstaben so ordentlich auf den Stein bringt. Pelle und Luzie gehen jeden Tag schnitzen und sind voll im Schnitzfieber. Heute sind wir noch mal mit dem Steinmetz verabredet um Speckstein zu schnitzen statt Holz. Deshalb komme ich auch gerade nicht zum Schreiben.

Wenn nicht gerade KLP ist, gehen wir auch in Werkstätten. Das ist einfach. Wir überlegen worauf wir Lust haben und ich mache Jemanden ausfindig, der so etwas macht. Dann frage ich, ob wir mal vorbei kommen und zuschauen können. Bisher war nur ein einziger Handwerker dabei der flapsig geantwortet hat, dass er keine Kinderbespaßungsanstalt sei. Dabei hatte ich ihm genau beschrieben, dass es eben nicht um ein Kinderprogramm geht, sondern um die echte Werkstattarbeit. Ansonsten haben wir nur gute Erfahrungen gemacht. Pelle geht schmieden bei einer Kunstschmiedin, wir gehen töpfern bei einer Töpferfrau, wir veranstalten Miniworkshops mit einem Physiker oder helfen in einer Ziegenmolkerei oder auf einem Archehof. Die meisten Menschen sind erfreut, wenn wir anfragen und zuschauen. Wir bezahlen den Leuten natürlich ihre Arbeit. So eine Handwerkerstunde kostet meist zwischen 20 und 30 Euro. Wenn ein Freund oder eine Freundin von Pelle und Luzie auch noch mitmacht können wir uns die Stunde teilen. Aber viele Leute wollen für eine Schnupperstunde (in Wirklichkeit sind es meist eher drei Stunden) in ihrem Betrieb gar kein Geld.




Nochmal Deocreme [igen sved]

Also, Elvis hat die Deocreme jetzt auch getestet und möchte mehr. Es funktioniert auch mit Haaren unter den Armen.


Und dann habe ich Waldfussel geschrieben. Als ich die Deocreme ausprobieren wollte, hat mich längere Zeit die hohe Mindestbestellmenge und das Porto davon abgehalten die Deocreme zu bestellen. Hinterher habe ich gesehen, dass sie auf Nachfrage auch als Warensendung verschickt, aber trotzdem brauchte ich nicht für 15 Euro Seife. Also habe ich ihr das Problem geschildert und sie hat geantwortet.

Hallo Katrin,

ich habe jetzt einfach den Mindestbestellwert im Shop auf 4,90 Euro gesetzt (ich mag keine einzelnen Viertele packen ;-)) und Du kannst Deine Leser gern auf die Möglichkeit der Warensendung aufmerksam machen. Sie müssen dann einfach normal bestellen, in den Bemerkungen "bitte als Warensendung" angeben und ich schicke dann die korrigierte Rechnung. Am besten verlinkst Du dazu noch meine Versandkosteninfos, dann sehen Deine LeserInnen auch gleich, wie viel als Warensendung geht oder z.B. auch, was es ins EU-Ausland kostet usw.

Ich denke, ich werde dann 4,90 als Mindestbestellwert erst mal beibehalten.

liebe Grüße
Didi/Fussel

Donnerstag, 9. Mai 2013

Elternlernstandsgespräch [forælder konversation]

Elvis und ich haben uns (schon vor vier Wochen) zusammengesetzt und besprochen, welche Fertigkeiten uns wichtig sind und was Pelle und Luzie in den nächsten Monaten lernen sollen.

Für Luzie ist das klar. Die ist erst Fünf, die soll lernen was sie will. Pelle ist Zehn. Da sind uns einige Fertigkeiten wichtig, die er bald mal beherrschen sollte.

Zwei Anmerkungen vorweg.
Fertigkeiten und Fähigkeiten sind etwas ganz unterschiedliches. Und es ist wichtig, dass wir uns das klar machen bevor wir weiter darüber reden.

Fertigkeit bezeichnen im Allgemeinen einen erlernten oder erworbenen Anteil des Verhaltens. Der Begriff der Fertigkeit grenzt sich damit vom Begriff der Fähigkeit ab, die als Voraussetzung für die Realisierung einer Fertigkeit betrachtet wird. Können umfasst Fähigkeit und Fertigkeit. Fertigkeiten sind beispielsweise Klavierspielen, Lesen, Schreiben, Rechnen, Sprechen, Fußballspielen und Ähnliches.
Quelle: Wikipedia.

Und zweitens: Fakt ist, dass die Kinder heute in der Schule Stoff aus den letzten Hundert Jahren pauken. Ein Großteil davon ist schon Heute überholt. Wir wissen nicht wie die Welt in fünf Jahren aussieht. Und erst recht nicht wie sie in 13 Jahren aussieht, wenn die heute eingeschulten Kinder die Schule verlassen. Auf was und vor Allem wie, bereiten wir also unsere Kinder vor?

Elvis und ich schauen uns an, wohin die Entwicklung geht und finden aber beide auch ein paar klassische Fertigkeiten wichtig.

Pelle, Luzie und später auch Minimum sollen sich schriftlich und Sprachlich angemessen ausdrücken können. Seit Jahren dürfen die deutschen Kinder in Reformschulen mit Bleistift statt Füller schreiben, weil nach langen Jahren der Quälerei klar wurde, dass das Schreiben mit dem Füller für viele Kinder motorisch nicht wirklich machbar ist. Schon vor Jahrzehnten wurden vereinfachte Schreibschriften extra für Schulkinder entwickelt, weil man beobachten konnte, dass die vielen Richtungswechsel im Schreibfluss für eine Menge Kinder sehr schwer zu lernen ist. In einigen Bundesländern gibt es mittlerweile gar keine Schreibschrift mehr. Hier aufm Land lernen die Kinder ab der zweiten Klasse artig mit Füller die Schreibschrift.

Der vom Kultusministerium angedachte didaktische Sinn des Schreibtrainings in der Schule ist übrigens, dass ein Kind eine eigene persönliche Handschrift entwickelt. Das war mir lange nicht bewusst. Ich hab immer gedacht, dass jeder halt die perfekte Schreibschrift beherrschen soll. Hätte mir jemand als Kind erzählt, dass es im Endeffekt darum geht eine individuelle persönliche Handschrift zu entwickeln wäre ich wahrscheinlich ganz anders an die Sache heran gegangen.

Uns ist wichtig, dass die Kinder sich mit Sprache und Schrift ausdrücken können.
Alltagstauglich schreiben und schön schreiben. Es gibt immer wieder Schreibanlässe bei denen zweckmäßiges Schreiben geübt wird. Gestern zum Beispiel haben wir Samen ausgesät und Pelle und Luzie haben die ganzen Namensschilder beschriftet.


 Für Luzie habe ich die Namen mit Bleistift vorgeschrieben.



Das schöne Schreiben üben wir (auch ich) wenn wir Poster gestalten. Pelle bastelt oft neue Schilder für sein Zimmer. Zur Zeit hängt dort ein Schild mit dem Text: Büro - Nicht stören! Und wir planen Kalligrafiekurse in den nächsten Jahren (Vielleicht hat ja die Jademonin lust?). Für den poetischen Umgang mit Worten und Schrift.

Lustig. Ich wollte Euch grad mal ein Zitat der Kultusministerkonferenz raus suchen zum Thema Schreiben und habe gesehen, dass die genau die selben Gedankengänge wie Elvis und ich hatten. Vielleicht sollte ich denen mal meine Hilfe anbieten.

Was die KMK dazu sagt:

[Ziel des Schreibtrainings ist:] Die Schülerinnen und Schüler verfügen über verschiedene Möglichkeiten der ästhetischen Darstellung entsprechend dem Schreibanlass und arbeiten mit unterschiedlichen Medien. Sie schreiben eine lesbare und flüssige Handschrift.



Das verlinkte PDF vom Grundschulverband ist sehr interessant, auch (oder gerade) für Eltern mit Kindern, die eine Schule besuchen. Dort wird ganz viel über den Schrifterwerb und dessen Sinn und Ziel erzählt.

Dann das Tatstaturtippen. Pelle fing an E-Mails zu schreiben und schreibt jetzt an einem eigenen Blog. Da er natürlich die Adlermethode (mit einem Finger so lange über der Tastatur kreisen bis der richtige Buchstaben gefunden wurde) verwendet, suchen wir jetzt nach einem guten Zehnfingertipplernoprogramm für Kinder. Wenn ihr eines kennt: nur her damit.

Eine weitere Fertigkeit ist vor Publikum flüssig sprechen zu können. Beste Übung, die von alleine immer wieder auftaucht: Witze erzählen. Das tun Pelle und Luzie sehr gerne und sehr ausführlich. Dabei üben sie automatisch Texte zu rezitieren, Betonungen richtig unter zu bringen, und deutlich zu sprechen.


Außerdem haben Pelle und Luzie kürzlich den Erlkönig auswendig gelernt und tragen den gerne vor.


In ein paar Jahren wird es vermutlich nicht mehr wirklich alltagstauglich sein mit einer Tastatur zu schreiben (ist Euch klar, dass die CD grad am aussterben ist? Die wird es in ein paar Jahren gar nicht mehr geben. Schockierend. Die gute alte Zeit.). Deshalb können die Kinder mit dem Programm Dragon Dictation üben, ihre Texte direkt in richtiger Weise in den Computer zu sprechen. Wer schon mal auf einen Anrufbeantworter gesprochen hat, wird wissen, dass es gar nicht so leicht ist, flüssig und ohne äh zu sagen, was man zu sagen hat. Vor allem wird die korrekte Aussprache verlangt, sonst schreibt das Programm ja nur das Genuschel auf. Das übt natürlich auch direkt.
Elvis schreibt bereits einige E-Mails so. Ich schaffe das noch nicht wirklich. Aber um Zitate aus Büchern in meine Texte zu bringen ist es perfekt. Ich lese einfach meinem Computer die Zeilen vor und er schreibt es für mich auf.

Vorlesen tun hier alle, die es können. Pelle liest auch gerne vor und Luzie genießt das.

Und das Singen gehört natürlich auch noch mit in diese Kategorie. Wir singen oft und viel. Hauptsächlich Pfadfinderlieder (Elvis war Pfadfinderleiter und ich war lange bei der Waldjugend). Vor einigen Wochen waren Pelle und Elvis dann auch als Zuhörer bei einem Singewettstreit.

Montag, 6. Mai 2013

Wie wir Entscheidungen treffen [beslutning]

Hier kommt eine Fortsetzung zu dem Schleichwerbungbeitrag. Ich habe heute zwei Entscheidungen getroffen. Produktentscheidungen. In der Psychologie gibt es eine ganze Forschungsrichtung die sich nur damit befasst, wie Menschen Entscheidungen treffen. Das ist extrem spannend. Warum tun wir das was wir tun? Wie wird aus einem Vorhaben eine Handlung Ab welchem Zeitpunkt in einer Entscheidungsfindung können wir nicht mehr zurück? Warum tun wir nicht das was wir uns vornehmen? Was ist der innere Schweinehund? Das nennt sich Motivationspsychologie.

Elvis arbeitet in der bösen Werbung. Da geht es nur darum, wie man Menschen dazu bringt sich für etwas Bestimmtes zu entscheiden. Ein grundlegender Entscheidungsbeeinflusser ist die Meinung von Freunden. Wenn ein Freund etwas empfiehlt gehen schon mal ein paar sehr wichtige Türen in unserem Entscheidungsprozess auf. Es ist spannend das an sich selbst zu beobachten. Und das ist einer der Hauptgründe warum soziale Netzwerke zu börsennotierten Unternehmen werden können. Wenn mir ein Freund in einem sozialen Netzwerk etwas empfiehlt ist das mehr wert, als wenn eine Zeitschrift mir das präsentiert. Das nennt sich Word of Mouth, also Mund zu Mund Propaganda.

1. Begriff: Form der direkten persönlichen Kommunikation (sprichwörtlich: von Mund zu Mund) zwischen Konsumenten innerhalb eines sozialen Umfeldes. Im Marketing wird Word-of-Mouth als eine informelle, wertende Meinungsäußerung über Marken, Produkte, Services und Unternehmen zwischen Konsumenten verstanden. Diese kann sowohl positiv als auch negativer Art sein.

2. Überlegenheit persönlicher Kommunikation: 
(1) größere Glaubwürdigkeit und stärkere soziale Kontrolle; 
(2) bessere selektive Informationsaufnahme; 
(3) größere Flexibilität durch laufende Rückkopplungen bei den Kommunikaten; 
(4) Fehlen von rechtlichen Vorschriften. Meinungsführer können als Multiplikatoren in einem Word-of-Mouth-Prozess dienen.


Gestern Nacht kam Elvis aus der Agentur nach Hause. Er hatte zwei Kartons mit Nudelsoße dabei. Er stand also im dunklen Schlafzimmer und erzählte, dass sein Chef die noch übrig hatte. Er hatte sich zu viele bestellt und hat Elvis welche mitgegeben. Elvis meinte das seien irgendwelche besonderen Soßen und da stünde auch irgendetwas von biologischem Anbau drauf. Die Gläser sahen hübsch und hochwertig aus und auch auf dem Karton ist ein schöner Schriftzug. Heute morgen fiel mir auf, dass da keine deutsche Zutatenliste drauf ist. Das interessierte mich, da ja in Deutschland alles deklariert werden muss. Wir haben kurz gemutmaßt, dass der Chef die direkt in Italien bestellt hat. Immerhin gehört dem eine riesige Werbeagentur - der kann sich das also locker leisten.

Ich hab vorhin dann für mich und drei Kinder Nudeln (wir haben immer die Dinkelspagetti von Naturata, die sind super lecker (aber nicht die Vollkornversion, die ist eklig)) mit Zucchini, Knoblauch, Avocado und Schafskäse gemacht. Dazu gab es zwei der Nudelsoßen. Wir stellen Nudelsoßen immer wie Pesto auf den Tisch und jeder kann sich was auf seine Nudeln tun.
Das war lecker.

Dann habe ich mich an den Rechner gesetzt und wollte rausfinden was das für Soßen sind, wer die macht, wo die her kommen. Und hab was hübsches gefunden: Fattoria La Vialla. Da kommen die Soßen her. Und jetzt hab ich den Katalog bestellt.

Die zweite Entscheidung für ein Produkt wurde durch eine E-Mail ausgelöst. Die Mama von Bo Andrasson wies mich auf Ähnlichkeiten zwischen mir und ihrer Freundin Liesl hin. Ich mag den Blog von Liesl. Der Hinweis bezieht sich auf das Buch von Sylvia Plath und einen Häkelschal (meiner wird aber wohl nie fertig weil ich so langsam häkel). Das erste mal von Sylvia Plath habe ich in dem Buch Am Anfang war Erziehung von Alice Miller gelesen. Dieses Buch hatte auch schon Bo Andrassons Mama mitgebracht. In dem Buch zeigt Alice Miller die Zusammenhänge zwischen Erlebnissen in der Kindheit und dem Verhalten als Erwachsener auf. Sie ist Analytikerin. Aber wenn man die Einfachheit der analytischen Wenn-Dann-Zusammenhänge irgendwie überlesen kann ist es ein tolles Buch. In dem Buch skizziert sie neben Adolf Hitler und Christiane Felscherinow (Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) also auch das Leben und Sterben von Sylvia Plath. Vor ein paar Wochen war dann Sylvia Plaths 50. Todestag und ich hab bei Spon diesen Artikel über sie gelesen. Ich hab dann Die Glasglocke bestellt und das Buch kam zufällig hier an, als auch Bos Mama hier war. Wir haben beide ins Buch geschaut und den Schreibstil von Sylvia Plath für gut befunden. Das ist jetzt ein paar Wochen her. Und heute schickte mir Bos Mama die Mail mit dem Hinweis darauf, dass auch Liesl grad Sylvia Plath liest. Und ich hab dann direkt das Buch Die Bibel der Träume bestellt. Und Jane Eyre von Charlotte Bronte auch gleich noch.

Und jetzt hab ich hier einige Produkte beschrieben. Was macht das mit Euren Entscheidungen? Blogs sind nämlich ein wirklich effektives Werbemedium. Deshalb bekommen die viel besuchten Bloggerinnen auch alle möglichen Produktproben um sie dann zu besprechen. Hab ich ja kürzlich schon drüber geschrieben.

Ich schreibe seit ein paar Jahren für ein Printmagazin Artikel und Buchbesprechungen. Und bei den Büchern musste ich lernen, die schlechten einfach nicht zu erwähnen. Ich hatte immer das Bedürfnis alle Bücher zu beschreiben, weil mir der Verleger extra dafür ein Buch überlassen hatte. Aber das ist ja quatsch. Also bespreche ich nur noch Bücher die ich auch wirklich gut finde. Und die anderen werden einfach nicht erwähnt und liegen halt hier rum oder wandern in den Gebrauchtwarenladen. Und einige werfe ich sogar in den Müll. Es gibt wirklich ganz bescheuerte Bücher.

Samstag, 4. Mai 2013

Der Tod [de død]

Kinder interessieren sich irgendwann für den Tod. Lange Zeit befinden sie sich in der magischen Phase, in der ihnen der Tod noch nicht bedrohlich erscheint*. Und dann tauchen irgendwann Fragen auf. Gespräche mit den Eltern oder anderen Erwachsenen sind da sehr wichtig. Die Eltern können erklären was der Tod für sie selbst bedeutet, ob und was ihnen Angst macht. Wenn einem die Worte oder die Ideen fehlen sind Bücher hilfreich. Als Gesprächsanlass. Eltern und Kinder können die Bücher gemeinsam anschauen und darüber sprechen. Es ist wichtig die Kinder reden zu lassen.
Hört ihnen zu, geht ihre Gedankenwege mit und beantwortet Fragen. Schildert Eure eigene Sichtweise, lasst aber Raum für andere Sichtweisen.

Wir haben hier zwei Bücher für Kinder die das Thema Tod und Sterben thematisieren. Das erste ist Die besten Beerdigungen der Welt von Ulf Nilsson und Eva Eriksson. Ich liebe dieses Buch. Ich mag die Stimmung darin so sehr. Deshalb will ich ganz dringend schnell jetzt noch Als wir allein auf der Welt waren vom selben Autoren/Illustratorenteam haben.
Und seit kurzem haben wir auch noch Und was kommt dann? von Pernilla Stalfelt. Von ihr hatten wir schon das Buch So ein Kack. Elvis findet ihren Stil furchtbar, bzw findet er, dass sie keinen Stil hat (er räumt aber ein, dass es ein paar wirklich gute Stellen in den Büchern gibt). Ich mag ihre Bücher und Pelle und Luzie auch. Sie sind sehr unkonventionell und wirken wie eine Krawalltante in meiner Pastellwelt. Aber genau deshalb brauchen wir die hier. Kann ja nicht Alles immer nur Taupe oder Mauvefarben sein.



*Als Luzie drei Jahre alt war - und mittendrin in der magischen Phase - hatten wir Kaninchen. Die haben Junge bekommen und Pelle und Luzie wollten die so gerne anfassen. Das war absolut verboten. Leider hat die doofe Kaninchenmutter die Jungen nach ein paar Tagen aus dem Nest geworfen. Eins nach dem anderen starb. Wir haben die toten Kaninchenkinder in einen Pappumschlag getan, um sie später am Tag zu begraben. Als alle großen Hofbewohner eine Zeit lang beschäftigt waren und Luzie allein im Hof war, nutzte sie die Gelegenheit. Wir kamen in den Hof und da saß sie. Die toten Kaninchenkinder hatte sie um sich herum verteilt und spielte mit ihnen.

Musik [musik]

Musik. Wunderschön. Traurig. Zerbrechlich.

Alin Coen.


Donnerstag, 2. Mai 2013

Schlechter Lehrer [værst lærer]



Ich bin ein ganz schlechter Lehrer. Ich bin ungeduldig und es nervt mich wenn etwas nicht sehr bald funktioniert. Ausserdem bin ich undiplomatisch. Wenn wir hier zu Hause Schule spielen, funktioniert das auch nicht wirklich.

Das Gute ist: ich muss kein Lehrer sein. Ich bin Mama. Ein Mensch mit Stärken und Schwächen. Ein Mensch von dem man etwas lernen kann, mit dem man sich auseinandersetzen kann, mit dem man sich streiten kann. Ich kann Dinge in Worte fassen. Ich kann mit den Kindern zusammen etwas entdecken und sie aufmerksam machen auf Dinge die ich sehe.

Als Luzie vor einigen Wochen Fahrrad fahren lernen wollte, hab ich mal wieder vorgeführt bekommen wie miserabel ich als Lehrer bin. Wir sind auf dem Deich hin und her gefahren. Sie saß auf dem Rad und ich hab sie am Jackenkragen gehalten und sie ist gefahren. Aber nach drei Mal hin und her hatte ich keine Lust mehr. Ich wurde maulig und hab gesagt, dass ich nicht dazu da bin jetzt immer mit ihr hin und her zu laufen. Ich bin auch grottig schlecht darin andere zu motivieren. Also sind wir beide dann frustriert wieder nach Hause gegangen. Dort war Pelle. Hat sich unsere Geschichte angehört und angeboten mit Luzie zu üben. Er ist wie ein Mallorca-Animateur mit Luzie hin und her und hin und her und hin und her gelaufen. Hat sie angefeuert und ihr aufgeholfen wenn es nicht klappte. Und nach einem Nachmittag konnte er sie anschieben und dann los lassen und sie fuhr alleine weiter. Und nach zwei weiteren Übungseinheiten mit Pelle konnte sie auch alleine los fahren.
Pelle platzte fast vor Stolz auf sich und seine Schwester und machte Pläne für eine Fahrradfahrschule. Wenn er das so gut kann, sollte er doch damit sein Geld verdienen.

Im Leben unserer Kinder gibt es so viele spannende Menschen, die alle etwas anders sind und etwas anderes anzubieten haben. Pelle, Luzie und Minimum haben eine Mama, einen Papa, Opas und Omas, einen Onkel, Judomeister, Voltigiererinnen, Schmiedinnen, Physikdoktoren, Ärzte, Nachbarn, Agenturchefs, Bioladenbesitzer, Bauern, Schäfer, Archehofbesitzerinnen, Filmemacher und viele viele mehr. Und von all diesen Menschen können sie sich etwas abschauen. Und sich mit ihnen auseinandersetzen, sich ihre Geschichten anhören und sich ein Welt- und ein Menschenbild bauen.

Und trotzdem sitzen wir zur Zeit wieder morgens für eine halbe Stunde zusammen am Küchentisch und  Pelle bearbeitet Rechtschreibhefte, weil ich der Meinung war es wäre mal wieder Zeit. Klappt ganz gut. Aber dazu schreibe ich nächste Woche mehr.