Wir haben Hühner. Eine spezielle Rasse: Brahmas. Oder auch Elvishühner oder Punkhühner. Die haben nämlich Schlaghosen an. Eigentlich sollen die nicht nur Eier abgeben, sondern auch Fleisch. Die Hühner leben jetzt seit drei Jahren hier und irgendwie musste noch keines geschlachtet werden. Aber wenn keines geschlachtet wird, gibt es auch kein Fleisch. Also kaufen wir für die Hühnersuppe und die Hühnchenschenkel in Weißweinsoße tote Hühner vom Bauckhof. Auf dem Lüthjenhof von Daria leben einige unserer ehemaligen Küken und deren Nachkommen. Die sollen dort auch Eier und Fleisch beisteuern. Und jetzt hat Daria zum ersten Mal einen der Hähne geschlachtet. Ich wollte wissen wie es war und sie hat es mir geschrieben. Und weil mir ihr Bericht so unter die Haut gegangen ist, habe ich sie gefragt ob ich den hier veröffentlichen darf. Darf ich. Danke Daria.
Daria hat das Wort:
Gestern hab ich zum ersten mal einen Hahn geschlachtet.
Es war durchwachsen. Ganz komisch.
Ich hatte zittrige Knie. Es hat in strömen geregnet und gewittert. Ich hatte vorher alle Kinder ins Bett gebracht und erst dann Zeit. Der Lüthjenhofpapa war nicht da.
Ausgestattet mit lauter Theorie im Kopf... und dann war doch alles anders.
Ich hab ihn betäubt mit einem Schlag auf den Kopf, damit er bewusstlos ist und nicht mitbekommt, dass er sterben wird. Nicht so viel Adrenalin und so. Da war ich aber zu zaghaft zuerst und er war nicht sofort bewusstlos. Dann aber schon, und dann musste ich diesen Kopf abkriegen - und da hab ich richtig gezittert! Aber es gab ja nun auch kein zurück mehr...
Ich hab ein kleines Küchenbeil und ein scharfes Messer (dachte ich...) gehabt.
So, überall steht "mit einem gezielten Schlag den Kopf abtrennen". Jaja... vergiss es, der ist sooo fest dran, dass ich echt oft ansetzen musste. Zwischendurch dachte ich, ich sollte halt lieber das Messer nehmen. Das ging aber auch nicht viel besser.
Irgendwann hab ich aber doch die Arterie getroffen und konnte ihn ausbluten lassen. Zum Glück, ich war wirklich erleichtert.
Und dann das Rupfen. Das ist eigentlich leicht, aber viel Arbeit. Und die großen, dicken Kiele gehen schwer raus. Irgendwann hab ich mich dazu entschieden, die Haut mit abzuziehen weil ich ihn eh nicht als Brathähnchen machen wollte sondern schön in Stückchen zur Suppe. Ich glaube, so in Hähnchen-Form hätte ich das noch nicht essen können.
Die Haut abziehen ist aber auch nicht so leicht. Man muss zwischen Muskel/Fettgewebe und Haut immer diese Zwischenhaut, die Faszie durchschneiden. Sitzt fest, ist gut verbunden und um Gelenke drumrum geht's gar nicht gut.
Und dann noch die Innereien. Man muss oben am Hals die Speiseröhre finden und rauszupfen. Und dann von hinten und über einen kleinen Schnitt in der Bauchdecke quasi ausräumen. Geht aber, wenn man eine ungefähre Vorstellung davon hat, wie die Organe aussehen.
Tja, und dann hat er gekocht... und gerade hab ich ihn zerlegt, die Suppe in Gläser gefüllt und mal ein bisschen Fleisch probiert. Schmeckt irgendwie ganz schön mager und trocken - ich hab sie definitiv nicht gemästet ;)
Ich glaub, ich mag die doch lieber verkaufen statt schlachten. Aber wenn es sein müsste, würde ich es wohl nochmal machen. Und dann läuft es hoffentlich etwas besser. Mit einem größeren (schwereren) Beil und einem wirklich scharfen Messer.
Auf jeden Fall würde ich es als echt existentielle Erfahrung beschreiben. Es ist schwer, richtig schwer, bewusst und absichtlich zu töten. So von Hand und ganz direkt. Nix mit Gas betäuben oder Sromschlag und tot und so. Nichts indirektes, distanzierendes - nein, alles selbst, direkt, du selbst und deine Hand. Das ist echt nicht leicht. Und vor allem, es dann auch durchzuziehen. Man muss währenddessen verstehen, dass weniger nicht mehr ist und dass man dem Tier keinen Gefallen damit tut, vorsichtig zu sein sondern bitteschön schnell, gezielt und nachhaltig. Aber das ist eben nicht so leicht...
Ich fand es wichtig, als Fleischesser und als Hühnerhalter. Es gehört zur Hühnerhaltung dazu, weil es immer sein kann, dass man sie nicht verkauft kriegt. Bei den Brahmas zwar noch seltener als bei normalen Hühnern. Es schärft, ändert wirklich die Sicht auf das Tier, auf den Fleischkonsum und die Wertschätzung dafür. Das ist echt Arbeit, körperlich.
Ist ja auch kein kleines Zwergseidenhühnchen sondern ein 5-Kilo-Ding. Da ist es schon ein Problem, wie man die Krallen/Füße abkriegt. Da könnte man gut eine Knochensäge gebrauchen. Ich hab das z. B. mit einer Geflügelschere gemacht. Aber das ist auch total schwer, weil das Vieh ja auch noch nicht gekocht war, ich war durchgeschwitzt nach der Prozedur und hab mich ganz gründlich geduscht, auch seelisch.
Morgen muss ich diese Suppe essen... Die Kinder sind da ja total pragmatisch, wie immer. Der Hahn hat Streit mit den anderen gemacht also wird er geschlachtet und schenkt uns sein Fleisch - nett von ihm, "tust du auch Nudeln in die Suppe, mama?"
ja, gern ;-)
Morgen muss ich diese Suppe essen... Die Kinder sind da ja total pragmatisch, wie immer. Der Hahn hat Streit mit den anderen gemacht also wird er geschlachtet und schenkt uns sein Fleisch - nett von ihm, "tust du auch Nudeln in die Suppe, mama?"
ja, gern ;-)
In Ermangelung aktueller Fotos seht ihr hier Luzie vor zwei Jahren mit unserer Hühnersippe.