
Seit fast einem Jahr arbeite ich an ein paar Tagen im Monat im Kreißsaal. Da ich eine sehr ausführliche Schweigepflichtsklausel im Vertrag habe, kann ich leider nicht so einfach von den Erfahrungen dort erzählen wie ich gerne würde.
Ich habe vor Jahren sehr gerne den Blog Neonatalie von einer Säuglingsintensivschwester und den Kinderdocblog gelesen. Über den Kinderdoc und sein oftmals nicht wertschätzendes Geschreibsel habe ich mich aber auch echt oft geärgert und deshalb irgendwann nicht mehr dort mitgelesen. Neonatalie hat leider aufgehört zu bloggen.
Bei Beiden – und bei einigen anderen ähnlichen Blogs – habe ich mich aber immer schon gefragt, wie die Autoren die Freizügigkeit ihrer Berichte mit ihrem Schweigepflichtsgewissen vereinbaren. Ich hab mich natürlich gefreut, dass die so genau berichten. Ich finde es immer sauspannend Anderen so direkt über die Schulter schauen zu können.
Jetzt würde ich auch gerne so intensiv über meinen Schichtdienst in der Klinik berichten und kann es nicht. Deshalb wird es eher allgemein umschreibend werden, denke ich.
Ich fange einfach mal mit ein paar grundlegenden Informationen an. Es ist ein Hebammengeführter Kreißsaal in einem großen modernen Klinikum. Es gibt dort zwei Kreißsäle, ein Wehenzimmer, ein Aufnahmezimmer, ein Arztzimmer und eine Teeküche hinter einem Empfangstresen.
Es ist immer eine Hebamme dort und ein Gynäkologe ist im Haus und schaut ab und an vorbei. Die Frequenz in der die Gyns zu Besuch kommen, hängt stark davon ab welche Hebamme Dienst hat. Die Hebammendienste gehen immer von sieben bis sieben. Die Nachtschichten sind oft ruhig.
Ich komme also morgens recht früh dort an. Das Haus schläft noch. Ich gehe an der Pförtnerin vorbei und grüße freundlich, obwohl die eher so Busfahrermentalitäten haben und deshalb nicht wirklich meine Freunde sind.
Ich gehe am Helikopterlandeplatz vorbei und am OP-Bereich. Dann gehts durch die große Milchglastür in den Kreißsaalbereich. Die Tür öffne ich mit einem Zahlencode und wenn die Türen dann aufschwingen bekomme ich einen ersten Eindruck wie der jeweilige Tag wird. Manchmal herrscht Stille. Dann schaue ich in die Teeküche und begrüße eine Hebamme die grad gemütlich Tee trinkt. Manchmal ist es aber auch wuselig und überall raschelt und piept es und nur durch im vorbeilaufen zugerufene Ansagen werde ich informiert, dass gerade fünf Geburten gleichzeitig statt finden.
Dann hole ich mir aus dem Materiallager meine rosa Klamotten und gehe in das Hebammenzimmer und ziehe mich um. Dann gehe ich zum Desinfektionsdings und desinfiziere meine Hände (was ich ungefähr noch weitere achthundert mal tue jeden Tag). Ich hatte vorher angenommen, dass ich schnell trockene Hände von dem Zeug bekomme, aber das ist gar nicht so.
Und dann tue ich was zu tun ist. Meine Aufgaben sind Spuren von Geburten beseitigen, Bestände von Material in den Kreißsälen auffüllen, Gespräche mit Schwangeren und deren Angehörigen führen, Gespräche mit Ärzten führen, Gespräche mit Hebammen führen, Papierkram erledigen, Patientenkurven anlegen, Tee kochen, Blutproben ins Labor bringen (das ist unten im Keller hinter der Pathologie), Mütter mit Neugeborenen versorgen, da sein, begleiten, beruhigen, trösten.
Die Arbeit in der Klinik ist super lehrreich und spannend. Ich habe allerdings auch viele Wahrheiten akzeptieren müssen. Ich hab oft gestaunt und nachgefragt, um dann zu verstehen, dass es eben einfach so ist. Eine dieser Wahrheiten ist leider: in einer Klinik ist niemand gut aufgehoben. Und wenn es medizinisch nicht dringend erforderlich ist dort zu sein, sollte jeder so schnell wie möglich wieder gehen oder eben gar nicht erst hinein kommen.
ich finds auch spannend! (und hab nun dank der überschrift einen neuen ohrwurm: free hospital. tocotronic. wolltest du bestimmt nicht wissen, und googelst das lied nun. gerngeschehen ;))
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